Aber das Bild, das sich dem Publikum bietet, ist reichlich dramatisch: Die Omikron-Welle rauscht durchs Land und ein infektiöserer Subtyp ist auch schon wieder aufgetaucht. Kaum jemand ohne Coronafälle im Familien- oder Bekanntenkreis. Glücklicherweise ist der Verlauf einer Infektion jetzt deutlich milder als noch mit der Delta-Variante, doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen: Der Staat verliert die Kontrolle, ohne große Aufregung, ganz entspannt. Die Symptome des Kontrollverlusts: PCR-Tests sollen künftig priorisiert werden; die Kontaktnachverfolgung ebenfalls, weil die Gesundheitsämter kapituliert haben und jetzt auf die Eigenverantwortung der Leute setzen; Kitas und Schulen bleiben offen – so lange, bis sie wegen Infektionen und Quarantäne geschlossen werden. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat nun sogar bis Ende Februar die Präsenzpflicht in den Schulen aussetzen lassen, nachdem Berlins Amtsärzte kurz zuvor schon die Quarantäne und Kontaktnachverfolgung für Schülerinnen und Schüler einfach beendet hatten. So kann man das Corona-Problem natürlich auch lösen. Ganz entspannt. Corona trifft ProvinzpolitikWo wir gerade in der Hauptstadt sind: Berlin wirkt auf mich manchmal wie die Karikatur deutscher Verhältnisse. Andernorts ebenfalls verbreitete Probleme erscheinen hier ein ums andere Mal wie überzeichnet, grell ausgeleuchtet. Und dadurch fallen sie auf. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich lebe außerordentlich gern in dieser großartigen, überraschenden Stadt – nur würde ich auf manche Überraschung in der Coronakrise doch gern verzichten. Beispiel: In der Kita meiner Kinder wird seit nun einem Jahr die Nutzung von Luftfiltern verhindert. Alle Initiativen der Eltern verpufften, trotz möglicher Fördergelder und der Empfehlung des Landes. Hinter der Kita steht sogar ein landeseigener Träger mit mehr als drei Dutzend Kitas und zwei Kommunalpolitikern im Verwaltungsrat. Dennoch offenbar eine toxische Mischung in Sachen Anti-Corona-Kampf. |