| | | | | | | | | Ihr Morning-Briefing um 6 Uhr | | | Montag, 31. Januar 2022 | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | Stellvertretende Ressortleiterin Ausland, DER SPIEGEL | | | | | | | | Liebe Leserin, lieber Leser,
heute geht es um die Suche der SPD nach einer klaren Haltung zu Putin, um Corona-Defätismus und um die Frage, ob sich die Spotify-Kritik von Neil Young ausbreitet. | | | | | | | | | | | Ich bin hier die Neue im Lage-am-Morgen-Team und freue mich, Sie diese Woche ein wenig bei Ihrem Start in den Tag begleiten zu dürfen. Tipps von der SeitenlinieMan kann sanfter in seinen neuen Job einsteigen als der neue SPD-Co-Chef Lars Klingbeil. Gerade ein paar Wochen im Amt, erwartet er heute führende Politiker seiner Partei zum Austausch über die Frage: Wie halten es die Sozialdemokraten mit Putins Russland? Ein heikles Thema, da kann Klingbeil das Zusammenkommen noch so sehr als »Routinetreffen« bezeichnen und Geschlossenheit demonstrieren. Die Diskussionen um die umstrittene Ostseepipeline Nordstream 2, das geradezu dogmatische Ausschließen jeglicher Debatte über Waffenlieferungen an die Ukraine, die seltsame Unsichtbarkeit und Zeitlupenhaftigkeit von Bundeskanzler Olaf Scholz in der Russland-Frage – das alles wirft zu Recht Fragen bei Verbündeten auf. | | | | | | | | | | | | | Nah beieinander: Russlands Präsident Wladimir Putin und Gerhard Schröder (bei einem Besuch Putins 2005 in Berlin) (FABRIZIO BENSCH/ REUTERS) | | | | | | | | Mit einem besonders spektakulären und sehr klaren Wohlwollen in Richtung Moskau fällt dabei immer wieder die mecklenburg-vorpommersche Ministerpräsidentin Manuela Schwesig auf – die Röhre landet gewissermaßen vor ihrer Haustür in der kleinen Gemeinde Lubmin in der Nähe von Greifwald. »Ich finde es unpassend, die Vergiftung von Nawalny dazu zu benutzen, die Pipeline infrage zu stellen«, sagte sie in einem Interview mit dem SPIEGEL Anfang September 2020. Da war der Kreml-Kritiker, eben dem Tod entronnen, gerade erst aus dem Koma erwacht und langsam wieder ansprechbar. Einer mit dem sich Schwesig in den vergangenen Jahren offenbar unter Ausschluss der Öffentlichkeit mehrmals traf, und zwar, ohne dass die Treffen protokolliert wurden, war Gerhard Schröder. Ehemaliger Bundeskanzler, ehemaliger SPD-Chef und seit der politischen Verrentung hauptberuflich Gasfluencer für russische Energiekonzerne, unter anderem als Aufsichtsratsvorsitzender bei der Nordstream AG. Eine bemerkenswerte Recherche von t-online enthüllt dazu neue Details. Unsere Kollegen hatten schon vor einem Jahr über die Rolle des Altkanzlers geschrieben. Immer mal wieder meldet sich Schröder von der Seitenlinie und kommentiert die Weltlage, besonders fragwürdig wirken dabei seine Urteile über Russland. Neulich fand er, das »Säbelrasseln« müsse eingestellt werden – meinte aber die Ukraine. Seine Partei ringt, ist uneins – die Prägung der Schröder'schen Schule geht offensichtlich sehr tief. Wie ein Vater, der den Kindern die Weiterführung der Firma überlassen hat, aber Veränderungen torpediert und hintertreibt. Und SPD-Chef Klingbeil sagt: »Wir nehmen gerne Ratschläge entgegen, und es ist auch völlig okay, wenn andere sich in die Debatte einmischen.« Warum sollte das »okay« sein? Und muss man jeden Ratschlag »entgegennehmen«? Manchmal kann es Sinn ergeben, sich gegen Autoritäten aufzulehnen, Distanz aufzubauen, sich zu emanzipieren. Vor allem, wenn diese Autoritäten eine Schwäche für Autoritäre haben. Früher oder später kriegt jeder Corona? Lieber später!Ich bin sicher, vielen von Ihnen geht es ähnlich: Seit Omikron kennt wohl mittlerweile jeder jemanden im Familien- und Freundeskreis, der sich mit einer Infektion herumschlagen muss. Corona ist noch einmal ganz nah herangerückt, zu einem Zeitpunkt, an dem bei vielen die Nerven blank liegen. Gleichzeitig sind die allermeisten Verläufe (glücklicherweise) milde, aber was heißt das schon, rein subjektiv? Was man dieser Tage häufig liest, zumindest geht es mir gefühlt so, ist dieser Satz: »Früher oder später werden sich wohl alle infizieren.« So ein Satz, der einem auch immer näher rückt. | | | | | | | | | | | | | Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung in München vom Wochenende (Sven Hoppe / dpa) | | | | | | | | Der führende US-Experte und Präsidentenberater Anthony Fauci sagte ihn Anfang Januar und seitdem ist er ständig zu hören. Auch von Christian Drosten war eine ähnliche Beurteilung zu lesen: »Ja, wir müssen in dieses Fahrwasser rein, es gibt keine Alternative«, sagte er dem »Tagesspiegel am Sonntag« kürzlich – alle Menschen müssten sich früher oder später infizieren. Wissenschaftlich macht das sicher Sinn, politisch und kommunikativ betrachtet kann ich persönlich dazu nur sagen: lieber später als früher. Ich mache alles mit, aber das nicht – ich meine das als Haltungsfrage. Vielleicht werden nicht alle einer Infektion entkommen, aber ich würde mir wünschen (als Handlungsmaxime für den Alltag gewissermaßen), dass sich möglichst viele weiterhin so verhalten, als könnten sie es. Heute schalten sich die Gesundheitsminister und -ministerinnen per Video zusammen. Wenn ich einen Corona-Wunsch freihätte, wäre es dieser: dass man sich darüber Gedanken macht, wie man solch defätistisch anmutende Botschaften politisch so übersetzt, dass nicht alle jetzt schon die Maske fallen lassen. Weiter Geschwurbel auf SpotifyRocklegende Neil Young hat es bereits getan. Seine Kollegin Joni Mitchell ist ihm gefolgt. Nun auch Meghan und Harry: Die Kritik am schwedischen Streamingdienst Spotify zieht immer weitere Kreise. Young hatte Spotify ein Ultimatum gestellt: Entweder meine Musik – oder der Podcast von Joe Rogan, einem Comedian, dem er die Verbreitung von Fehlinformation über Corona vorwarf – und nicht nur er. 270 Wissenschaftler, Ärzte und Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, hatten bereits einen offenen Brief an Spotify geschrieben. | | | | | | | | | | | | | Rocklegende Neil Young, Podcast-Star Joe Rogan (AP) | | | | | | | | Rogan ist hierzulande nicht allen bekannt, aber er ist für Spotify eine 100-Millionen-Dollar-Cash-Cow – der erfolgreichste Podcast-Host der Welt, einer der größten Stars von Spotify. Und für den Streamingdienst wichtiger als Neil Young. Denn das Ergebnis des Ultimatums ist, dass dessen gesamtes Werk nun von der Plattform entfernt wird. Das hat etwas Trauriges, ist aber wahrscheinlich aus Sicht von Spotify eine einfache Rechnung. Was ist schon eine Wurmkur (diese in Corona-Leugner-Kreisen beliebte Methode hatte Rogan gegen Corona gemacht und dafür geworben) gegen elf Millionen Hörer pro Sendung? | | | | | | | | Es zeichnet sich schon ab, dass wir in den kommenden Tagen von weiteren Künstlerinnen und Künstlern, sowie anderweitig Prominenten hören werden, die sich der Kritik von Young und Mitchell anschließen – so wie Meghan und Harry. Nur ist fraglich, ob der Spotify-Boykott zu einer größeren Bewegung wird: Gegen Rogan und Spotify bräuchte es schon Stars aus der Liga von Adele oder Taylor Swift, um eine Wirkung zu erzeugen. Und dennoch: Der politische Impetus von Young ist bemerkenswert und mittlerweile selten in der glatten Instagram-Show-Welt, in der sich kaum jemand hervorwagt. Die Gegenbewegung zu Young gibt es auch schon: Sänger James Blunt twitterte etwas vorwitzig, dass wenn Spotify nicht sofort Joe Rogan entferne, werde er neue Musik auf der Plattform veröffentlichen! Verlierer und Gewinner des Tages ……ist Sergio Matarella, der alte und neue Staatspräsident Italiens. Sieben Wahlgänge hielt das italienische Parlament vergangene Woche ab, unfähig, sich auf ein neues Staatsoberhaupt zu einigen. Der 80-jährige Matarella, der dann in einer achten Abstimmung mit überragender Mehrheit gewählt wurde, wollte partout keine zweite Amtszeit – nun muss er. Man dürfe sich nicht drücken, wenn man gerufen werde, wird er zitiert. | | | | | | | | | | | | | Es half alles nichts: Sergio Matarella muss noch einmal Präsident von Italien werden (Massimo Percossi / imago images/ZUMA Wire) | | | | | | | | »Gerufen« – der Präsident neigt offensichtlich zum Euphemismus, wenn man bedenkt, was das Land im Vorfeld erlebt hat. Da war die Gefahr einer Kandidatur des 85-jährigen Silvio Berlusconi, trotz aller Skandale und Vorstrafen. Oder der wenige Sekunden lange Clip von Sängerin Gianna Nannini (»Bello e impossibile«), in dem sie nuschelte, sie wolle als Staatspräsidentin kandidieren. Nun bleibt erst einmal alles so wie es ist. Vielleicht muss das so sein, damit sich überhaupt etwas ändern kann … | | | | | | | | Die jüngsten Meldungen aus der NachtKubicki nennt mögliche Nachteile für ungeimpfte Arbeitslose »unerträglich«: Sollte eine Impfpflicht kommen, könnten Arbeitgeber ungeimpfte Bewerber ablehnen – dies hatte der Chef der Bundesagentur für Arbeit erklärt. Vom Bundestagsvize kommt nun scharfer Widerspruch Spotify will Hörer von Corona-Podcasts zu mehr Informationen leiten: Wegen der Corona-Verharmlosung auf Spotify ließen Neil Young und Joni Mitchell ihre Songs von der Streaming-Plattform entfernen. Nun reagiert das Unternehmen – und gelobt Besserung Mann soll Attentat auf Joe Biden angekündigt haben – »im Namen Jesu«: Mit kruden Aussagen und klaren Drohungen fiel ein Mann bei Facebook auf. Der Secret Service griff auf einem Parkplatz zu | | | | | | | | Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heuteIch wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag! Ihre Özlem Topçu | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | Jetzt laden: Die SPIEGEL-App für iOS und Android | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | DER SPIEGEL GmbH & Co. KG Ericusspitze 1 • 20457 Hamburg Tel. 040 3007-0 E-Mail: spiegel@spiegel.de
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