| | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | Exklusive Recherchen, Hintergründe und News aus Österreich | | | | Dienstag, 18. Januar 2022 | | | | | | | | | | | | | | | | | | | Vize-Ressortleiter Innenpolitik und Chronik des STANDARD | | | | | | | | | | Liebe Leserin, lieber Leser, | | | | | | | | | | | heute beschäftigen wir uns mit dem ÖVP-Korruptionsausschuss, der bald in Gang kommen wird.
Der Countdown läuft: In spätestens einem Monat werden sich die Postfächer einiger Abgeordneter wohl mit brisanten Informationen füllen. Bis zum 15. Februar hat der »ÖVP-U-Ausschuss« verschiedenen Institutionen wie dem Rechnungshof oder dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung Zeit gegeben, um Vorerhebungen zu erledigen – und die Neugier der Oppositionsparteien ist groß. Es ist fast zu viel los gewesen in der Ära von Sebastian Kurz, als dass alle Untersuchungsthemen eingebracht werden könnten. Das zeigte sich schon beim ersten U-Ausschuss dieser Legislaturperiode, dem »Ibiza-Ausschuss«. | | | | | | | | | | | | | Bald im Fokus eines Untersuchungsausschusses: Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz Thomas Kronsteiner / Getty Images | | | | | | | | Der beschäftigte sich anfangs vor allem mit den Hauptdarstellern des namensgebenden Ibiza-Videos, das im Mai 2019 von SPIEGEL und »SZ« enthüllt worden war. Doch rasch erzählte man sich in der Opposition das Bonmot, der damalige Chef der rechten FPÖ, Heinz-Christian Strache, habe auf der Baleareninsel nur über korrupte Deals fantasiert, während die konservative ÖVP diese bereits in die Tat umgesetzt hätte. Ganz so einfach ist das natürlich nicht: Strache ist bereits erstinstanzlich wegen Bestechlichkeit verurteilt worden, wogegen er in Berufung gegangen ist; gegen »türkise« – die Farbe steht für die Richtung, in die Sebastian Kurz seine Partei entwickelt hat – ÖVP-Politiker ist bislang noch nicht einmal Anklage erhoben worden. Und doch drehte sich der Fokus der Opposition, aber auch der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in den vergangenen anderthalb Jahren zusehends in Richtung Team Kurz. | | | | | | | | Chats, Chats, ChatsVor allem das Smartphone des Kurz-Vertrauten Thomas Schmid, der in zentraler Stelle im Finanzministerium beschäftigt war, wurde zur Goldgrube. Dreihunderttausend Chatnachrichten lösten so manche Ermittlung aus. Besonders hässlich wurde es für die ÖVP im vergangenen Herbst. Es war ein Doppelschlag: Zuerst setzte es Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts, Kurz und sein Team hätten vor seiner Kanzlerschaft einen korrupten Deal mit einer großen Boulevardzeitung abgeschlossen. Schmids Chatnachricht dazu: »Wer zahlt, schafft an. Ich liebe es. Genial«. Dann wurden Konversationen rund um eine Steuernachforderung an den Unternehmer Siegfried Wolf publik. Schmids Chatnachricht dazu an einen Kollegen: »Vergiss nicht – du hackelst (arbeitest, Anm. d. Red.) im ÖVP Kabinett!! Du bist die Hure für die Reichen!« | | | | | | | | | | | | | Der frühere Kurz-Vertraute Thomas Schmid: 300.000 Chats lösten so manche Ermittlung aus Eibner-Pressefoto/EXPA/Schroetter / imago images/Eibner Europa | | | | | | | | Einen solchen Slogan für den neuen U-Ausschuss hätte die Opposition nicht einmal in ihren kühnsten Träumen erwartet. Genau darum soll es nun gehen, hoffen Sozialdemokraten, Liberale und rechte Freiheitliche: Um eine korrupte oder zumindest unmoralische Sonderbehandlung von Reichen im Umfeld der ÖVP. Und die sind auch für das deutsche Publikum hochinteressant: Denn wer in Österreich Karriere macht, überschreitet oft die Grenze ins große Nachbarland. | | | | | | | | Karrieren in DeutschlandAllein Siegfried »Sigi« Wolf ist eine große Nummer in der deutschen Automobilbranche: Er sitzt im Aufsichtsrat von Porsche, der Continental AG, der Schaeffler AG und von Vitesco Technologies, die allesamt Umsätze in Milliardenhöhe erwirtschaften. Ein zweiter Österreicher, gegen den ermittelt wird: Der frühere Wirecard-Chef Markus Braun. Er hatte Geld an die ÖVP gespendet und war von Kurz später in dessen Thinktank Think Austria berufen worden. Auch der flüchtige Jan Marsalek, Brauns Kollege im Wirecard-Vorstand, ist gebürtiger Wiener; genauso wie Alexander Schütz, einst Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank. Eine große Nummer in Deutschland ist natürlich auch Immobilien-Tycoon René Benko, dessen Signa Holding GmbH zum Beispiel Galeria Karstadt Kaufhof gehört. Benko soll einen Politiker der Wiener Grünen beeinflusst haben, eine Anklage wurde eingebracht – ob es zu einem Prozess kommt, wird derzeit geprüft. | | | | | | | | | | | | | Sebastian Kurz mit dem Immobilien-Tycoon René Benko: Wer in Österreich Karriere macht, überschreitet oft die Grenze ins große Nachbarland SKATA / IMAGO | | | | | | | | Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung – und von allen Genannten will der U-Ausschuss Chatnachrichten lesen: Der Nationalrat forderte die Justiz auf, ihm alle sichergestellten Chats der erwähnten Unternehmer zu übermitteln. »Fad«, wie man hierzulande zur gepflegten Langeweile sagt, wird es dieses Jahr also bestimmt nicht. Social-Media-Moment der WocheFad war es auch Florian Gschwandtner nicht, dem Gründer des an Adidas verkauften Start-ups Runtastic: Er feierte in Kitzbühel eine nicht ganz Corona-konforme Party und postete ein Video davon auf seinem öffentlichen Instagram-Profil. Das sorgte für Empörung und helle Aufregung, sogar Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) meldete sich zu Wort. Der Spagat zwischen Corona-Sicherheit und dem wirtschaftlich so wichtigen Wintertourismus ist in Österreich seit Beginn der Pandemie ein brisantes Thema, seit ein Cluster in Ischgl für Infektionen in halb Europa gesorgt hatte. | | | | | | | | Geschichten, die wir Ihnen heute empfehlen:Herzliche Grüße, Ihr Fabian Schmid | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | Jetzt laden: Die SPIEGEL-App für iOS und Android | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | | DER SPIEGEL GmbH & Co. KG Ericusspitze 1 20457 Hamburg
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